Afghanische Tänze beim Gemeindefest der Heilig-Geist-Kirche

Ihren zweiten Auftritt hatten kürzlich die Tänzer aus dem Georg-Muth-Haus, dieses Mal auf dem Gemeindefest der Heilig-Geist-Kirche. Aus diesem Anlass stellt Susanne Ebner, Lernpatin im Georg-Muth-Haus und Vereinsmitglied, die vier Männer in einem Bericht näher vor:

Taenzer-Ebner1Da wirbeln sie kraftvoll über die Bühne, vier junge Männer aus Afghanistan mit ihren bunten Kostümen. Sie haben beschlossen, einen 2000 Jahre alten Erntetanz vorzuführen, und auch ein immer schneller werdender Stocktanz wird gezeigt, der zu Hause üblicherweise bei Hochzeiten aufgeführt wird. „Ganz früher haben die Tänzer statt der Stöcke Gewehre geschwenkt, das war aber dann zu gefährlich“, sagt Najibullah Alizay (23), der mit seinem gelb-buntem Kostüm schillernd aussieht wie ein seltener Vogel. Najibullah und seine drei Freunde Saeed Amini (23), Fawad Hakimzad (22) und Firooz Azizi (22) sind vor kurzem bereits auf dem Bad Vilbeler Quellenfest aufgetreten und haben dort für große Begeisterung gesorgt. Nun wollen sie auch ihrer neuen Heimat, dem Heilsberg, eine Kostprobe der afghanischen Kultur geben und damit Danke sagen für den freundlichen Empfang, der ihnen in den letzten Monaten bereitet wurde.

Die Familien der Vier stammen alle aus Herat, einer kleinen Stadt an der iranischen Grenze. Kennengelernt haben sie sich aber erst hier in Bad Vilbel im Georg-Muth-Haus, wo sie wohnen. Hier haben sie im März schon Tanzeinlagen und Sketche anlässlich des Nachbarschaftsfestes eingeübt, zu dem sie eingeladen hatten. Die Kostüme hat Saaed Amini, der zu Hause elf Jahre als Schneider gearbeitet hat, selbst angefertigt – auf einer gespendeten Nähmaschine und aus geschenktem bunten Stoffen.SONY DSC

Schon in seiner Heimat hat er fürs Theater gearbeitet und hier auch bereits Kontakte zu einer Offenbacher Theatergruppe aufgenommen. Solche Planungen und Aktivitäten mit Musik, Tanz und Theater tun gut und lassen die schlimmen Erfahrungen der Flucht etwas in den Hintergrund treten. Das defekte Boot, in dem Saeed sich befand, war auf der Überfahrt in die Türkei schließlich gekentert. Saeed verlor seine Brille, konnte das Ufer aber noch schwimmend erreichen. Auch Najibullah berichtet: „Der Motor von unserem Boot war kaputt, wir haben 12 Stunden für die Überfahrt gebraucht. Die Kinder haben geweint, wir hatten alle Angst und von anderen Booten kam keine Hilfe. Schließlich haben wir uns aus einer Schaufel ein Paddel gebastelt und es irgendwie geschafft.“

Nun sind alle froh, dass sie in Deutschland und sicher sind und lernen fleißig Deutsch. Alle stammen aus kinderreichen Familien, was in Afghanistan ganz normal ist. Jeder hat in seiner Heimat neben der Schule noch gearbeitet, um die Familie zu unterstützen. Najibullah spricht schon gut Deutsch und ist glücklich, dass er beim Berufsbildungswerk Karben beim Projekt „Wirtschaft integriert: Orientieren – Qualifizieren – Integrieren“ mitmachen darf. In einer Kombination aus praktischer Berufsorientierung, berufsspezifischem Sprachkurs und betrieblichen Praktika hat er eine reelle Chance, den Einstieg in das Berufsleben zu schaffen.

Alle vier wünschen sich, dass sie in Deutschland bleiben dürfen, gut Deutsch sprechen lernen und auch junge deutsche Leute kennenlernen, um sich mit ihnen auszutauschen. Sie träumen von einer guten Arbeit, einer eigenen Wohnung, vielleicht einem Auto und einer eigenen Familie. „Ich wünsche mir eine gute, eine bessere Zukunft für meine Kinder, deshalb bin ich nach Deutschland gekommen“, sagt Najibullah.

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„Die Menschen sind so nett hier“, bekräftigen alle. „Ich schätze den Frieden hier und liebe die grüne Landschaft“, sagt Firooz, der sein Abitur in der Tasche hat, hier aber lieber erst einmal eine fundierte Ausbildung machen möchte. Fawad hingegen, der in Afghanistan Ingenieurswesen studiert und in einem Architekturbüro gearbeitet und auch schon ein Buch geschrieben hat, schwärmt davon, wie sauber es hier überall ist. „Die Deutschen haben gute Gesetze und die Menschen achten und wertschätzen sich hier. Das bewundere ich und es macht mich froh.“

Nicht so gut findet Saeed die vielen Formulare und Behördenschreiben, die ihm Angst machen. Firooz möchte gerne besser Deutsch sprechen und seine Familie fehlt ihm sehr. „Ich finde es schade, dass viele Menschen Angst vor Flüchtlingen haben“, sagt Najubullah. „Manchmal grüße ich jemanden freundlich, und der schaut einfach weg, das tut ein bisschen weh.“ „Ja“, sagt Fahwad, „Flüchtlinge sind nicht schlecht, sprechen Sie mit uns“!

Der Auftritt auf dem Gemeindefest wird ein voller Erfolg, und Najibullah dankt noch einmal allen Heilsberger Gemeindemitgliedern für die Hilfe und Unterstützung der letzten Monate. „Wir lernen viel, aber wir sind nicht so schnell“, sagt er, „helfen Sie uns! Wenn wir eine Adresse suchen oder den Busplan nicht verstehen, ist es schön, wenn wir Sie fragen dürfen!“

 

 

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