Viele Gemeinsamkeiten haben alteingesessene Bewohner des Heilsbergs und Flüchtlinge entdeckt. Denn beide Gruppen haben Flucht und Vertreibung am eigenen Leib erlebt. Geweckt wurden die Erinnerungen bei einem gemeinsamen Filmabend im Heilig-Geist-Gemeindehaus. Rainer Gilbert vom Kirchenvorstand und Elke Hellstern, Flüchtlingsbeauftragte des Kirchenvorstands und Hauspatin im Georg-Muth-Haus, hatten junge Flüchtlinge und Familien aus Afghanistan und Eritrea zu einem Kurzfilm eingeladen.
Unter den knapp 40 Besuchern waren auch mehrere ältere Heilsberger Damen anwesend, die vor 70 Jahren bei der Besiedelung des Heilberges selbst Flüchtlinge gewesen waren. „Es haben sich auch in den letzten Monaten einige zusammengetan und für die Flüchtlinge gesammelt, berichtete Rainer Gilbert.
Auftakt des Abends war die Ausstrahlung des mehrfach ausgezeichneten Kurzfilms „Alles neu! Ein Flüchtlingskind kommt an.“ Er handelte von dem 8jährigen Tanans, der aus dem Kongo nach Uganda geflohen ist, in die Niederlande kommt und mit großen Augen seine neue Heimat erkundet. Er hört, wie die Menschen sprechen – ihre Sprache klingt eigenartig. Wird das Leben nun endlich gut? Und was heißt auf niederländisch „meine Eltern leben nicht mehr“? Die in Bad Vilbel ansässige Verlegerin des Films, Dr. Barbara Kamp, Geschäftsführerin von Methode Film, hatte die anschließende Gesprächsleitung übernommen. Der Film wurde allseits als „gut“ beurteilt und die Anfangsschwierigkeiten des Flüchtlingsjungen weckten eigene Erinnerungen.
Frei erzählten die Damen, die als Kinder und junge Mädchen auf den Heilsberg gekommen waren, von ihrer schwierigen Flucht und dem Neustart auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Heilsberg. Noch heute mit Tränen in den Augen bei den Erinnerungen an damals, berichteten sie von langen Märschen, der gefährlichen Überfahrt über die Ostsee, großem Hunger, vielfachem Kindstod und schwierigsten Wohnbedingungen. „Wir lebten in einem Schafstall“ sagte eine der Seniorinnen, aber wir hatten wenigstens die gleiche Sprache“. Die zahlreich erschienenen „neuen“ Flüchtlinge waren beeindruckt von den Berichten der alten Heilsbergerinnen, die ihnen von Mehrajedin Rezaie (25) aus dem Georg-Muth-Haus übersetzt wurden. Der junge Mann aus Afghanistan bekräftigte die Wichtigkeit der Sprache. „Ich bin seit 5 Monaten in Deutschland und ich lerne jeden Tag und jede Nacht, damit ich die Sprache beherrsche“. Und der junge Mohammed aus Eritrea berichtete, dass er seit zwei Jahren in Deutschland sei und wie schwer der Anfang sei.
Da konnten die Seniorinnen nur zustimmen. „Wir hatten es sehr schwer, haben den ganzen Tag gearbeitet und abends dann noch unser Haus mit eigenen Händen erbaut“, berichtete eine energische Dame. Ob die jungen Flüchtlinge es heute leichter haben, waren sich die Anwesenden nicht so sicher. „Den ganzen Tag warten und nicht zu wissen, was aus einem wird… und nicht arbeiten dürfen, das ist doch auch sehr schwer“, war die einhellige Meinung.
Fazit des Abends: Jetzt haben wir uns kennengelernt und wenn wir uns im Supermarkt oder auf der Straße treffen, können wir uns begrüßen. Wir sind Nachbarn und vielleicht können die jungen kräftigen Männer auch einmal bei der schweren Arbeit im Garten zur Hand gehen. Da wäre allen geholfen!
Autorin: Susanne Ebner, Lernpatin im Georg-Muth-Haus und Vereinsmitglied