Bei uns leben Menschen, die vor Jahren eingewandert sind, sich motiviert integriert haben und inzwischen einer geregelten Arbeit nachgehen. Und dennoch erhalten sie keine Aufenthaltsgenehmigung und müssen ausreisen oder werden gar abgeschoben. Der Flüchtlingshilfeverein „Willkommen in Bad Vilbel“ ist auch mit solchen Schicksalen konfrontiert, die keine Fluchtgründe haben und deswegen konsequenterweise und nach geltendem Recht nicht als Flüchtlinge anerkannt werden. Auf der anderen Seite erlebt der Verein, wie Arbeitgeber solche Personen händeringend suchen und diese sich auch bereitwillig integrieren und ihrer Arbeit fleißig nachgehen.
Myriam Gellner, 2. Vorsitzende des Flüchtlingshilfevereins, erklärt hierzu: „Die derzeitige rechtliche Lage belohnt Integrationsbemühungen bei solchen MigrantInnen nicht. Trotz entsprechender Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt kommt es zu der grotesken Situation, dass integrierte Menschen aus ihrem Arbeitsleben heraus abgeschoben werden. Für solche Fälle braucht es dringend ein Einwanderungsgesetz, dass sowohl den Interessen des Arbeitsmarktes als auch der arbeitswilligen MigrantInnen gerecht wird.“
In einem kurzen Film stellt der Verein beispielhaft ein solches Schicksal eines Pakistani vor. Tariq Khan ist ein freundlicher Mensch, der vor zwei Jahren eine Arbeitsstelle in der Behindertenhilfe Wetteraukreis gGmbH gefunden hatte. Dort arbeitete er mit Menschen zusammen, die körperlich behindert sind. Sein freundliches Wesen ermutigte diese Menschen. Er hat eine sehr gute Art mit ihnen umzugehen und genoss deren Vertrauen. Auch seine Kolleginnen und Kollegen schätzten seine Arbeit. Er hatte den Gabelstaplerschein gemacht und wurde seitdem umfangreicher eingesetzt. Obwohl er nur mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in der Wetterau unterwegs war, hatte er sich einen Freundeskreis in den zurückliegenden Jahren aufgebaut. In seiner Freizeit traf er sich gerne mit seinen deutschen Freunden. All das hatte er erreicht, obwohl er erst seit 2014 in Deutschland lebte und nie einen Anspruch auf einen Integrationskurs hatte. Deutsch hatte er auf der Arbeit und von seinen Freunden gelernt. Sein Arbeitgeber wollte ihm jetzt Deutschunterricht in einem Abendkurs finanzieren.
„Abschiebung ist nicht nur menschlich tragisch – wir brauchen solche jungen Leute“
Es hätte die Geschichte einer erfolgreichen Integration sein können. Doch Herr Khan wurde kürzlich abgeschoben. Die Polizei hatte ihn direkt von seiner Arbeitsstelle abgeholt. Dieser Vorgang erschütterte seinen Freundeskreis und die KollegInnen. „Mit einem Schlag wurden alle Integrationsbemühungen zunichte gemacht. Das ist nicht nur eine menschliche Tragödie, sondern für ein Land, das dringend auf Zuwanderung angewiesen ist, sehr töricht“, schildert Clemens Breest vom Verein Flüchtlingshilfe „Willkommen in Bad Vilbel“. Die Freunde von Tariq Khan haben sich bis zuletzt dafür eingesetzt, dass er in Deutschland sein neues Leben weiterführen kann und ihm eine rechtmäßige Einwanderung gewährt wird. Breest erklärt dazu: „Für fremde Menschen ist die Integration in unsere Gesellschaft anstrengend und verlangt sehr viel Motivation. Um so erfreulicher ist es, wenn MigrantInnen vor Ort Arbeit und Freunde finden sowie die deutsche Sprache und Gepflogenheiten erlernen. Tragisch wird es, wenn all diese langjährigen Integrationsbemühungen ins Leere laufen, weil es keine rechtliche Perspektive für Menschen wie Tariq Khan gibt. Die Gesetzeslage fordert dann unerbittlich die Ausreise, die schlimmstenfalls mittels Abschiebung durchgesetzt wird. Und dies obwohl wir genau solche jungen Menschen brauchen.“
Myriam Gellner mahnt: „Angesichts der aktuellen Debatte um Abschiebungen sollten die fatalen Signale gegenüber all denjenigen, die sich um Integration bemühen, nicht übersehen werden. Wenn langjährig gut integrierte Personen aus ihrem geregelten Leben plötzlich in eine völlig perspektivlose Zukunft abgeschoben werden, wirkt es demotivierend sowohl für EinwanderInnen als auch für FlüchtlingshelferInnen. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass geleistete Integrationsbemühungen nicht zunichte gemacht werden, sondern honoriert werden. Und wir wehren uns auch gegen die herablassenden Diffamierungen der in Sachen Integration ehrenamtlich Engagierten durch rechtspopulistische PolitikerInnen. Stimmungsmache gegen dieses Engagement ist Gift für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.“