Antworten regionaler Bundestagskandidat*innen zur Flüchtlingspolitik

Vor einigen Wochen erhielten alle für die Bundestagswahl 2017 kandidierenden Direktkandidaten*innen aus der Wetterau ein Schreiben vom Verein mit der Bitte zu ausgewählten Fragen rund um die Flüchtlingspolitik Stellung zu beziehen. Es handelte sich um fünf Fragen, u.a. zum eigenen Engagement der Politiker*innen in der Flüchtlingsarbeit in ihrem Wahlkreis.

Bis zur ersten Augustwoche erhielten wir schriftliche Antworten von der CDU, SPD, Bündnis 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und des Kandidaten der Freien Wähler. Das Vereinsschreiben an die AfD kam postalisch unzustellbar zurück. Im Folgenden veröffentlichen wir die Antworten der Parteien unkommentiert.

Die Antworten können Sie auch, nach Parteien sortiert, als PDF Dokumente herunterladen. Die Dokumente finden Sie am Ende dieser Seite.

Flüchtlingshilfe – Willkommen in Bad Vilbel e.V.: Sind oder waren Sie selbst ehrenamtlich in einem Bereich der Flüchtlingshilfe engagiert? Was hat sie bewogen dies zu tun oder auch nicht?

  • Oswin Veith (CDU)
    Während meiner 9-jährigen Amtszeit als Bürgermeister von Butzbach und auch während meiner Zeit als Sozialdezernent des Wetteraukreises habe ich mich um viele Flüchtlingsproblematiken gekümmert.
    Zum Beispiel konnte ich als Erster Kreisbeigeordneter des Wetterauskreises im Jahr 2009 ein Pilotprojekt für Integrationslotsen für Familien und Migranten voranbringen. Ehrenamtlich arbeitende Lotsen in Friedberg haben Migranten geholfen, sich einfacher in der Gesellschaft zurecht zu finden. Der Kreis unterstützte das Vorhaben mit seiner Fachstelle Sonstige soziale Hilfen und Migration.
  • Natalie Pawlik (SPD)
    Aufgrund meiner beruflichen und politischen Tätigkeiten bin ich derzeit nicht im Bereich der Flüchtlingshilfe tätig. Dennoch pflege ich regelmäßigen Kontakt zu Asylsuchenden und Ehrenamtlichen innerhalb der Flüchtlingshilfe, da mir der Austausch und der aktuelle Bezug besonders wichtig sind. Während meiner Studienzeit (2012-2015) an der Justus-Liebig-Universität in Gießen
    war ich in mehreren studentischen Initiativen im Bereich der medizinischen Versorgung und der rechtlichen Beratung von Geflüchteten engagiert. Der
    Großteil meiner damaligen Aktivitäten umfasste die Organisation von Begegnungsveranstaltungen in Form von Weihnachtsfeiern in der Hessischen
    Erstaufnahmeeinrichtung, Freizeitgestaltung und Austausch mit Asylsuchenden. Dabei war ich insbesondere bei der Organisation von Geschenken und Unterhaltungsangeboten für geflüchtete Kinder aktiv. Hin und wieder fielen dabei auch alltägliche Hilfestellung wie z.B. bei Arztbesuchen oder Behördengängen an.
    Motiviert hat mich vor allem meine persönliche Erfahrung, als Kind von Spätaussiedlern mit sechs Jahren in ein damals für mich fremdes Land zu kommen und die Überzeugung, dass Flüchtlinge und Asylsuchende unsere Hilfe und unseren Schutz brauchen.
  • Kathrin Anders (Bündnis 90/Die Grünen)
    Seit vielen Jahren habe ich immer wieder Kontakt mit Organisationen der Flüchtlingshilfe. Ich selbst bin passives Mitglied in Ihrem Verein. Als Sozialpädagogin an einer Grundschule arbeite ich intensiv mit geflüchteten, zum Teils schwer traumatisierten, Kindern. Im Rahmen meines Unterrichts fördere ich deren Integration in das Schulleben. In enger Zusammenarbeit mit anderen Organisationen und Behörden, berate ich auch die Eltern dieser Kinder. Diese Tätigkeit geht weit über die übliche Unterrichtszeit hinaus, da besondere Ereignisse besonderes Engagement bedürfen.
    Auch in meiner Vorstandstätigkeit bei FAB e.V. spielt das Engagement für Geflüchtete eine große Rolle. Als größter Anteilseigner von FAB gGmbH unterstützen wir aktiv die aktuelle Unternehmenspolitik von FAB und deren großes Angebot an Integrations- und Qualifikationsmaßnahmen für geflüchtete Menschen.
    Leider sind meine zeitlichen Ressourcen aufgrund meines politischen Engagements, meiner vollen Berufstätigkeit und meinen eigenen drei Kindern sehr erschöpft. Deshalb ist es mir leider nicht möglich, in der Flüchtlingshilfe vor Ort aktiv zu sein.
  • Julian Eder (DIE LINKE)
    Ja. 2015 und 2016 habe ich mich in Nieder-Wöllstadt im wöchentlichen Deutschunterricht engagiert. Ich habe gemeinsam mit anderen Jugendlichen einen Spielkreis für Wöllstädter Flüchtlingskinder aufgebaut. Nach einigen Wochen mussten wir das Projekt leider wiedereinstellen, da sich zu wenige Helfende fanden. Aufgrund meiner Abi-Vorbereitungen und meines zunehmenden politischen Engagements, habe ich meine regelmäßige Arbeit in der Flüchtlingshilfe letztes Jahr beendet. Durch meinen Vater und meinen Bruder, die nach wie vor den Deutschunterricht in NW organisieren, kriege ich dennoch vieles über die aktuelle Situation der Geflüchteten mit.
    Zum Engagement bewogen hat mich einerseits die Solidarität der vielen ehrenamtlich Helfenden, die ich unterstützen wollte. Andererseits trieben mich aber auch die rechten Menschenfeinde und ihre Anschläge auf Flüchtlingsheime an. Diese Hetze konnte und kann ich nicht ertragen!
    Die „Flüchtlingskrise“ hat mich (unter anderem) politisiert. Durch die Situation der Geflüchteten wurde mir bewusst, dass ich auch aktiv politisch gegen die Festung Europa und für eine offene Gesellschaft kämpfen muss.
  • Thorsten Schwellnus (Freie Wähler)
    Ich bin nicht selbst ehrenamtlich im Bereich der Flüchtlingshilfe tätig, da es mir an Zeitnot mangelte. Die Zeit und Intensivität die man dafür aufbringen muss/sollte waren damals nicht gegeben, da ich neben Beruf und Familie, auch ehrenamtlich im Bereich der Politik tätig bin und 2015 eine Weiterbildung absolvierte. Daher habe ich mich nicht in diesen Bereich engagiert.

FHBV: Was halten Sie von der Behauptung, dass die zivilen Seenotretter im Mittelmeer das „Geschäft der Schlepper“ betreiben würden?

  • Oswin Veith (CDU)
    Die Vorwürfe der italienischen Behörden, zivile Seenotretter würden sich bei der Seenotrettung nicht an die Regeln halten, sollten ernst genommen werden. Meines Wissens bemühen sich die Behörden vor Ort derzeit darum, diese Vorwürfe aufzuklären. Um Vorverurteilungen zu vermeiden, sollten die Ergebnisse dieser Untersuchung zunächst abgewartet werden. Ich hoffe jedoch, dass sich die Vorwürfe der italienischen Regierung nicht bewahrheiten.
    Um das Sterben im Mittelmeer jedoch wirksam zu bekämpfen, müssen wir den Menschenhandel beenden und den Schleusern endlich ihr Handwerk zu legen. Wir dürfen nicht zusehen, wie Schleuser ihr schmutziges Geschäft mit der Hoffnung verzweifelter Migranten machen. Schleuser sind Verbrecher. Migranten sind für sie nur Waren, mit denen Profit gemacht werden kann, tot oder lebendig. Wir müssen daher das Geschäftsmodel der Schleuser zerstören.
  • Natalie Pawlik (SPD)
    In der europäischen Flüchtlingspolitik Bedarf die Seenotrettung eines enormen Ausbaues und wesentlich mehr Förderung. Viele Menschen ertrinken im Mittelmeer, weil es keine legalen und sicheren Wege nach Europa gibt. Die fehlende Seenotrettung durch staatliche/europäische Stellen ist meiner Auffassung nach eines der Grundprobleme der europäischen Politik. Zivile Organisationen greifen lediglich das auf, was die EU-Staaten und die Europäische Union nicht leisten, was jedoch überlebenswichtig für Flüchtete ist. Eine Einschränkung der Seenotrettung wäre fatal und bedeutet in der Konsequenz, Menschen ertrinken zu lassen. Das kann keiner wollen. Ich bezweifle, dass die Abwesenheit der Seenotrettung zu weniger Migration führt. Verzweifelte Menschen werden immer aus mangelnder Alternative ihr Leben riskieren, um zu überleben. Die Kritik an der zivilen Seenotrettung verfehlt meiner Auffassung nach die Grundprobleme, nämlich dem Fehlen von sicheren und legalen Fluchtwegen nach Europa und die notwendige Bekämpfung von Fluchtursachen (siehe Folgefrage).
  • Kathrin Anders (Bündnis 90/Die Grünen)
    Einige wollen denjenigen die Verantwortung für das Massengrab im Mittelmeer zu schieben, deren einzige Aufgabe es doch ist, Menschen auf Hoher See vor dem Ertrinken zu retten. Anstatt Menschen für ihren selbstlosen Einsatz zu danken, werden ausgerechnet diese humanitären Helferinnen und Helfer zu angeblichen Handlangern krimineller Schleuser gebrandmarkt. Seenotretter dürfen nicht kriminalisiert werden. Dies machte unsere Spitzenkandidatin Katrin Göring- Eckhardt in einem offenen Brief an Innenminister Thomas de Maizière sehr deutlich. Es ist ein humanitäre Akt, Menschen in Not zu retten. Die europäische Gemeinschaft ist dazu alleine anscheinend nicht in der Lage. Deshalb braucht es weiterhin die zivilen Seenotretter, die mein vollste Wertschätzung und Hochachtung bekommen. Alle Kinder, mit denen ich bisher gearbeitet habe wurden aus dem Mittelmeer gerettet. Die Schicksale dieser Familien kenne ich gut. Diese Menschen sind dankbar für Ihre Rettung und wir sollten es auch sein. Jedes dieses Kinder ist eine Bereicherung für unsere Klassengemeinschaft und auch für unsere Gesellschaft.
  • Julian Eder (DIE LINKE)
    Die Behauptung ist natürlich Unsinn! Zivile Seenotretter helfen Menschen in Not, retten Menschen vor dem Tod durch Ertrinken! Sie übernehmen den Job, den eigentlich die EU-Mitgliedsstaaten machen sollten!
    Wenn man verhindern möchte, dass Menschen das Mittelmeer per Boot überqueren, dann hilft ein Exportverbot von Schlauchbooten nichts. Es müssen legale und sichere Zugangswege nach Europa geschaffen werden, dann müsste niemand mehr die Todesroute übers Meer wählen. Nur so lassen sich weitere Tote verhindern.
    Die EU betreibt mit ihrer Abschottungspolitik das Geschäft der Schlepper! Nicht die zivilen Seenotretter!
    Außerdem müssen Fluchtursachen endlich wirksam bekämpft werden. Dazu gehören das Ende von Auslandseinsätzen der Bundeswehr und das Verbot von Rüstungsexporten! In Syrien und im Jemen bspw. werden auch mit deutschen Waffen geschossen!
  • Thorsten Schwellnus (Freie Wähler)
    Das ist eine Ausrede der Politik und derer Verantwortlicher, damit diese sich ihrer Verantwortung entziehen und keinerlei Lösungen für das Problem der Flucht über dem Mittelmeer angehen. Dank der zivilen Seenotretter überleben weitaus mehr Menschen die Flucht über das Mittelmeer.

FHBV: Wie möchten Ihre Partei und Sie persönlich die Fluchtursachen in den afrikanischen Ländern bekämpfen?

  • Oswin Veith (CDU)
    Die meisten Flüchtlinge versprechen sich eine bessere Zukunft in Europa, weil in ihren eigenen Ländern die Wirtschaft und die Infrastruktur nicht funktionieren und damit keine Zukunftsperspektiven bzw. Entwicklungsmöglichkeiten bestehen. Um dies zu verändern sind Investitionen notwendig. Die Bundeskanzlerin hat beim G20 Gipfel in Hamburg 300 Millionen Euro für reformorientierten Musterstaaten in Afrika in Aussicht gestellt, um so private Investoren anzulocken. Denn nur eine wirtschaftliche Entwicklung in Afrika wird Fluchtursachen und damit auch die Schleuserkriminalität bekämpfen. Dies halte ich für einen richtigen Ansatz. Nur wenn wir den Menschen in Afrika eine nachhaltige Entwicklung anbieten und wirtschaftliche und soziale Perspektiven aufzeigen, werden sich die Flüchtlingszahlen verringern.
    Dennoch gilt, bei der Bekämpfung der Fluchtursachen kann nur ein vernetzter Ansatz Erfolg versprechen. Das heißt, die verschiedenen Ministerien – Innen-, Verteidigung- und auch Wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit, um die wichtigsten zu nennen, müssen gemeinsam an Maßnahmen arbeiten und diese aufeinander abstimmen, um den Fluchtursachen nachhaltig zu begegnen. Dieser Weg wird seit geraumer Zeit beschritten. Die Ministerien arbeiten zudem eng mit den lokalen Gemeinschaften vor Ort zusammen, so dass dieser vernetzte Ansatz aus meiner Sicht künftig Früchte tragen wird.
  • Natalie Pawlik (SPD)
    Mein Grundsatz im Umgang mit Flucht und Vertreibung ist die politische Grundhaltung, dass Fluchtursachen und nicht Flüchtlinge bekämpft werden müssen. Das ist allerdings nur möglich, wenn die Europäische Union gemeinsam, solidarisch und geschlossen handelt. Wir brauchen dabei vor allem Perspektiven für die Menschen in ihrer Heimat. Viele Asylsuchende begeben sich nach Europa, weil es für sie keinen Schutz und keine Perspektiven in ihrer Heimat gibt. Hierbei ist es z.B. essenziell, dass die EU-Mitgliedsstaaten die notwendigen finanziellen Mittel für den UNHCR, WFP und Afrika Fonds bereitstellen.
    Bereits in der vergangenen Legislaturperiode konnte die SPD eine Erhöhung des Budgets für die Bekämpfung von Fluchtursachen auf die Rekordsumme von 8,5 Milliarden Euro durchsetzen. Durch diese Mittel werden vor allem Projekte und Organisationen gefördert, die den Menschen vor Ort Lebensperspektiven eröffnen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Bekämpfung von Hunger, Menschenrechtsverletzungen, staatlicher und kriegerischer Gewalt und Unterdrückung. Des Weiteren wurde durchgesetzt, dass Bildung in den Fokus der Entwicklungsarbeit rückt und Bemühungen zur Beschulung von Flüchtlingskindern in den Aufnahmestaaten unterstützt werden. All das sind wichtige Schritte, die es auszubauen gilt.
  • Kathrin Anders (Bündnis 90/Die Grünen)
    Die beste Flüchtlingspolitik ist und bleibt diejenige, die Menschen davor bewahrt, ihre Heimat verlassen zu müssen. Eine Politik, die daran arbeitet, die strukturellen Ursachen der Zerstörung von Lebensgrundlagen langfristig zu beheben. In der globalisierten Welt hilft es dabei wenig, wenn alle mit dem Finger auf die anderen zeigen. Fluchtursachenbekämpfung heißt deshalb für uns GRÜNE zunächst nach der eigenen Verantwortung zu fragen.
    Wir in Europa exportieren Rüstungsgüter in Krisengebiete, überfischen die Weltmeere und nehmen in Kauf, dass unsere Agrarexporte andernorts die Existenzgrundlage von Bäuer*innen zerstören. Die Ursachen von Flucht und Vertreibung lassen sich weder mit höheren Zäunen noch mit Patrouillenbooten oder durch Pakte mit Autokraten lösen. Wir GRÜNE setzen uns deshalb für eine kohärente internationale Politik ein und fordern strukturelle Reformen in Bereichen wie Handel, Landwirtschaft, Energie, Fischerei, Außenpolitik und Klimaschutz, wie sie die nachhaltigen Entwicklungsziele vorgeben. Wir werden die ärmsten Staaten bei der Anpassung an Klimaveränderungen entschieden unterstützen. Und wir brauchen eine faire Handelspolitik. Rüstungsexporte in Krisengebiete und an Staaten mit hochproblematischer Menschenrechtslage werden wir stoppen.
    Die EU muss mehr zur Bewältigung der Krisen und Kriege beitragen, vorrangig im Rahmen der Vereinten Nationen. Zivile Krisenprävention wird daher ein zentrales Feld grüner internationaler Politik bleiben. Um Menschen zu helfen, die sich bereits auf den Weg gemacht haben, muss die deutsche humanitäre Hilfe in einer krisenhaften Zeit wie dieser auf weit über eine Milliarde Euro stabilisiert werden und UN-Hilfsorganisationen wie das World Food Programme brauchen zudem eine dem Bedarf entsprechende stabile Finanzierung. Länder wie Jordanien, Türkei, Pakistan, Libanon, Äthiopien oder Kenia nehmen weltweit die meisten Flüchtlinge auf. Die internationale Gemeinschaft darf diese Länder aus humanitären Gründen nicht im Stich lassen.
  • Julian Eder (DIE LINKE)
    Die sog. Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPA´s), die die EU mit Ländern Afrikas und der Karibik abgeschlossen haben, sind neoliberale Freihandelsabkommen. Diese zwingen die Länder Afrikas zur Marktöffnung. Das führt dazu, dass die afrikanischen Volkswirtschaften von den teilweise stark subventionierten europäischen Exporten niederkonkurriert werden. Das zerstört die Wirtschaft vor Ort und steht der Bekämpfung von Armut und Hunger entgegen.
    Die neoliberalen Konzepte der letzten 30 Jahre – Liberalismus, Privatisierung, Deregulierung – haben die Abhängigkeit und Verwundbarkeit der afrikanischen Volkswirtschaften vergrößert. Die LINKE will die Zusammenarbeit grundlegend verändern.
    Die afrikanischen Regierungen sollen dabei unterstützt werden, staatliche Systeme der Bildung und Gesundheitsversorgung aufzubauen und alle notwendigen Dienstleistungen der Daseinsvorsorge vorzuhalten.
  • Thorsten Schwellnus (Freie Wähler)
    Um die Fluchtursachen zu bekämpfen, müssen mehr Entwicklungsgelder in die Entsprechenden Länder investiert werden sowie die Infrastruktur der Regionen stärken. Die Sicherheit in diesen Ländern muss auch sichergestellt werden, denn nur durch diese Komponenten ermöglicht man diesen Menschen eine sichere Zukunft und eine stabile Wirtschaft, dazu sollte die Demokratie in diesen Ländern weiterhin gestärkt werden. Durch ein Einheitliches Einwanderungsgesetz in der europäischen Union, wird es denn Menschen leichter gemacht nach Europa zu fliehen.

FHBV: Viele BürgerInnen haben für geflüchtete Verwandte eine Verpflichtungserklärung abgegeben. Ihnen wurde in Aussicht gestellt, dass sie nach deren Anerkennung aus der Verpflichtungserklärung entlassen würden. Trotz Anerkennung des Flüchtlingsstatus bei diesen Geflüchteten werden die verpflichteten BürgerInnen vonseiten der Jobcenter weiterhin zur Kostenerstattung, insbesondere der Sozialleistungen aufgefordert; dabei werden häufig fünfstellige Beträge fällig. Was werden Sie und Ihre Partei tun, damit solche BürgerInnen nicht über Gebühr individuell weiter belastet werden.

  • Oswin Veith (CDU)
    Bei dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt handelt es sich um Entscheidungen und Verwaltungshandeln der einzelnen Bundesländer. Somit hat weder der Bund noch die Bundestagsabgeordneten Einfluss auf solche Entscheidungen. Ich kann mich daher dazu nicht explizit äußern. Jedoch hat sich zumindest die hessische Landesregierung bereit erklärt, jedem Einzelfall nachzugehen sowie Ansprüche derjenigen, die im Vertrauen auf die Rechtsauffassung des Landes gehandelt haben, unter wohlwollender Auslegung der Regelungen zur Amtshaftung und zur Entschädigung aus Billigkeitsgründen sorgfältig zu prüfen. Ich kann nur jedem betroffenen Verpflichtungsgeber raten sich direkt an das Ministerium zu wenden und seinen individuellen Fall zu schildern. Das hessische Innenministerium wird prüfen, ob im Zuge der Amtshaftung eine Erstattung möglich ist.
  • Natalie Pawlik (SPD)
    Hier müssen vor allem die schwarz-grüne Landesregierung und das CDU-geführte Innenministerium Verantwortung übernehmen und eine Lösung finden, da dieses den Bürgerinnen und Bürgern eine offensichtlich falsche Rechtsauskunft gegeben haben. Die SPD hatte im Landtag vorgeschlagen, finanzielle Mittel für die Flüchtlingspaten im Landeshaushalt bereitzustellen und dadurch eine rechtliche Grundlage für unbürokratische Hilfen zu schaffen. Leider haben das CDU und Grüne im Landtag mit ihrer Mehrheit verhindert. Generell müssen die fraglichen Regelungen im Aufnahmegesetz präzisiert werden. Die Bürgerinnen und Bürger, die dazu bereit sind, eine Bürgschaft zu übernehmen, müssen vorher wissen, auf was sie sich einlassen.
  • Kathrin Anders (Bündnis 90/Die Grünen)
    Im Rahmen der Hessischen Aufnahmeordnung zur Einreise syrischer Flüchtlinge haben Helferinnen und Helfer Erklärungen abgegeben, in welchen sie sich verpflichten, für den Lebensunterhalt der betreffenden Flüchtlinge aufzukommen. Dieses besondere Engagement schätze ich sehr. Viele dieser Geflüchteten haben einen Asylantrag gestellt mit der Folge, dass ihnen auf Grund der Situation in Syrien in der Regel die Flüchtlingseigenschaft zugesprochen wurde. Wie zahlreiche andere Bundesländer hat Hessen in der Vergangenheit die Rechtsauffassung vertreten, dass die Verpflichtungserklärung mit der Anerkennung als Flüchtling erlischt. Die Bundesregierung vertritt die gegenteilige Rechtsauffassung; das Bundesverwaltungsgericht hat diese Rechtsauffassung im Januar 2017 bestätigt. Die hessische Landesregierung hat sich mehrfach an die zuständigen Bundesbehörden gewandt mit der Forderung, auf die Inanspruchnahme der Verpflichtungsgeber zu verzichten oder diese auszusetzen. Das SPD-geführte Bundesministerium für Arbeit und Soziales war dazu leider nicht bereit.
    Diese Regelung schwächt das Engagement der Zivilgesellschaft und fördert Mißtrauen. Deshalb setzen wir GRÜNE uns für den Verzicht dieser Forderungen des BAMFS ein. Das hessische Innenministerium geht schon jetzt jedem Einzelfall nach und etwaige Ansprüche unter wohlwollender Auslegung der Regelungen zur Amtshaftung und zur Entschädigung aus Billigkeitsgründen. Damit wurde unter Grüner Regierungsbeteiligung ein Weg gefunden, der eine Entschädigung derjenigen ermöglicht, die die Verpflichtungserklärung im ertrauen auf die Rechtsauffassung des Landes abgegeben haben.
  • Julian Eder (DIE LINKE)
    Die schwarzgrüne Landesregierung darf die FlüchtlingspatInnen mit der finanziellen Last nicht alleine lassen. Das hessische Innenministerium hat die FlüchtlingshelferInnen ganz offensichtlich falsch über die finanziellen Risiken der sog. Verpflichtungserklärung informiert, womit sie für die Kosten des Lebensunterhaltes der Schutzsuchenden bürgen.
    Für die finanziellen Folgen der Falschinformation sollte das Land haften, nicht die HelferInnen. Die Landesregierung nicht den Jobcentern zuschieben. Die Kosten müssen vom Land übernommen werden.
  • Thorsten Schwellnus (Freie Wähler)
    Diese Thematik wurde bisher noch nicht so intensiv diskutiert und angegangen. Daher bitte ich um Verzeihung dass ich dazu nichts Konkretes sagen kann.

FHBV: Wie werden Sie die vielen tausend Ehrenamtler im Land in der Flüchtlingsarbeit in den nächsten Jahren motivieren? Haben Sie sich persönlich über die Arbeit von ehrenamtlich Tätigen in ihrem Wahlkreis informiert und wenn ja wie?

  • Oswin Veith (CDU)
    Ehrenamtliches Engagement ist ein Grundpfeiler unserer Gesellschaft. Daher war und ist es ein Anliegen der Union, das Ehrenamt zu stärken und den gemeinnützigen Organisationen ein hohes Maß an Rechts- und Planungssicherheit zu geben. Bei der Förderung des Ehrenamtes hat sich die Union daher dafür eingesetzt, dass das Bundesprogramm „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ mit kommunalen Partnerschaften und einer verbesserten Ausstattung deutlich erweitert wurde. Besonders hervorzuheben ist ferner das Kooperationsprojekt „Netzwerkprogramm – Engagierte Stadt“. Das Ziel des Programms ist die strategische Weiterentwicklung des bürgerschaftlichen Engagements in kleineren Kommunen und Gemeinden.
    Am besten unterstützen wir ehrenamtliches Engagement, indem wir es attraktiver ausgestalten. Demnach will die Union das Ehrenamt in Deutschland künftig noch stärker entbürokratisiert. Vor diesem Hintergrund hat sich die Union für die Abgrenzung des Ehrenamtes beim Thema Mindestlohngesetz stark gemacht. Außerdem setzen wir uns dafür ein, dass Mitgliedsbeiträge von Vereinen von der Umsatzsteuer befreit bleiben und dass gemeinnützige Vereine von der Registrierkassen-Pflicht ausgenommen werden. Die Unionsfraktion wird künftig weiter daran arbeiten, dass beim Bundeskinderschutzgesetz das erweiterte Führungszeugnis durch eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ersetzt wird, um einen effektiven und praxistauglichen Schutz zu gewährleisten.
    Ich bin sehr stolz darauf, dass mich viele ehrenamtliche Vereine und auch Ehrenamtler in der letzten Wahlperiode in Berlin besucht haben. Unter anderem konnte ich im Übrigen eine Besuchergruppe von Flüchtlingen vom Haus Lamane aus Friedberg in Berlin begrüßen. Gerne habe ich mit den verschiedenen Vereinen debattiert und ihnen meine Arbeit im Bundestag näher gebracht. Zudem gehört es zu meiner täglichen Arbeit im Wahlkreis regelmäßig ehrenamtlich Tätige zu besuchen und mich über deren Arbeit zu informieren.
  • Natalie Pawlik (SPD)
    Ehrenamtlichen Engagement muss durch Politik bzw. seitens der staatlichen Stellen gefördert werden, z.B. durch Fachwissen und der Bereitstellung von notwendigen finanziellen Mitteln für Projekte. Formale Hürden, welche die praktische Arbeit erschweren, und Reglungen, die in der Praxis Hürden darstellen, müssen abgebaut werden. Es kann nicht sein, dass Ehrenamtliche wegen Formalitäten an ihrer Arbeit gehindert werden
    oder Integrationsprozesse wegen alltagsuntauglichen Regelungen ausgebremst werden. Die Kooperation zwischen Politik, Verwaltung und Vereinen muss mancherorts noch verbessert werden. Wie auch bei Frage 1 beschrieben, ist mir hierbei der regelmäßige Austausch mit Menschen aus der Flüchtlingshilfe weiterhin sehr wichtig. Daher informiere ich mich auch über die Projekte und die ehrenamtliche Arbeit vor Ort. Nur durch den direkten Kontakt und durch direkte Gespräche kann man am ehesten die realen Bedingungen, Probleme und Erfolge kennenlernen. Meine Ansprechpartner sind zahlreiche Integrationslotsen des Wetteraukreises, in den Bereich der Arbeitsmarktintegration habe ich mir bei meinem Gesprächstermin mit der FAB GmbH Einblick verschaffen können. Als Mitglied in der Stadtverordnetenversammlung in Bad Nauheim und im Kreistag des Wetteraukreises, wo ich auch Mitglied im Ausschuss für Jugend, Soziales, Familie, Gesundheit und Gleichstellung bin, erhalte ich ebenfalls wichtige Informationen über die Situation in der Wetterau. Politik muss Rahmenbedingungen schaffen, dass die Arbeit in der Flüchtlingshilfe erleichtert wird und Erfolge auch Anerkennung finden. Dies kann z.B. durch Ehrungen verstärkt werden oder, wie in manchen Städten bereits praktiziert, durch sogenannte Ehrenamt-Cards, bei denen Ehrenamtliche Vergünstigungen bei städtischen Einrichtungen und Angeboten erhalten. Letztendlich ist die wichtigste Motivation die Dankbarkeit und Wertschätzung, die wir Ehrenamtlichen noch stärker entgegenbringen müssen.
  • Kathrin Anders (Bündnis 90/Die Grünen)
    Die Motivation der vielen ehrenamtlichen Helfer*innen sehe ich als gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Dazu gehört unter anderem, dass Politiker*innen auf allen Ebenen die Sorgen und Einwände der Engagierten hören und ernstnehmen.
    Nach der auf Soforthilfe ausgerichtete Willkommenskultur, ist es wichtig ebenso wichtig, das Engagement in eine auf Dauer angelegte Willkommensstruktur zu überführen. Wir brauchen daher auch vonseiten der Politik mehr Engagement für das Engagement.
    Langfristige, verlässliche und unbürokratische Förderung muss jetzt her, damit sich die Lust am Engagement nicht in Frust verwandelt. Deswegen schlagen wir Grüne vor, die vor Ort bestehenden Engagementstrukturen und das professionelle Freiwilligenmanagement zu stärken, und zwar durch die Förderung kommunaler Koordination.
    Wir Grüne wollen eine vom Bund bereitgestellte zentrale Onlineplattform. Supervision und Fortbildung für Engagierte gilt es auszubauen und zu fördern, und es muss geprüft werden, ob Weiterbildung für das Engagement auch als Bildungsurlaub anzuerkennen ist. Es ist wichtig, die zivilgesellschaftlichen Initiativen vor rassistisch motivierter Hetze und Gewalt schützen; denn dies dürfen wir als demokratische Gesellschaft nicht hinnehmen.
    Wir Grüne wollen die Engagierten schützen und die Initiative finanziell absichern, und wir brauchen ein bundesweites Opferberatungsstellennetz. Ebenso braucht es für die Geflüchteteneinen unkomplizierten Zugang zu Vereinen und zu den Freiwilligendiensten, und wir müssen dafür sorgen, dass durch ihr Engagement keine Nachteile im Asylverfahren entstehen.
    Anträge von Bündnis 90/ DIE GRÜNEN zur Stärkung des ehrenamtlichen Engagements in der Flüchtlingshilfe mit diesen Forderungen wurden von der großen Koalition in der Vergangenheit abgelehnt.
    Ich persönlich stehe in regelmäßigen Austausch mit Flüchtlingshelfern meines Wahlkreises. Auch bei einem Besuch Ihres Vereins mit dem Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/ DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag Mathias Wagner hat mir neue Einblicke, Denkanstöße und Impressionen geben können.
  • Julian Eder (DIE LINKE)
    Ich habe großen Respekt vor der Arbeit der Ehrenamtlichen. Ich habe beim Wöllstädter Runden Tisch der Flüchtlingshilfe sehr viele Menschen kennengelernt, die sich mit viel Herz und sehr zeitaufwendig in der Flüchtlingsarbeit engagieren. Ohne die vielen Ehrenamtler hätte die Aufnahme von den vielen Geflüchteten in den letzten Jahren nicht funktioniert.
    Aufnahme und Integration sind jedoch Aufgaben, die langfristig nicht durch das Ehrenamt bewältigt werden können. Der Staat darf sich nicht aus der Verantwortung ziehen und die Arbeit und Kosten auf Freiwillige abwälzen. Von staatlicher Seite müssen Stellen zur Aufnahme, Verwaltung und Integration geschaffen werden.
  • Thorsten Schwellnus (Freie Wähler)
    Durch Anschaffung neuer Anreize in den Bereichen der Finanziellen Unterstützung, Ausweitung der Ehrenamt Karte, Anerkennung der Ehrenamt für die Rente. Es sollte auch keine finanziellen Einbußen für die Ehrenamtlichen Helfern geben, die sich eine Auszeit vom Beruf nehmen um in den Bereichen des Ehrenamts tätig zu sein.
    Über die Tätigkeiten der ehrenamtlichen Tätigkeiten lese ich die Artikel in der Zeitung und verfolge diese Aktivitäten.

Hier finden Sie die Antworten der Parteien als PDF-Dokument:

Posted in Aus dem Verein