Kreatives Buchprojekt von Geflüchteten

Gespannte Stille herrscht bei Beginn der Veranstaltung im Karbener Berufsbildungswerk Südhessen. Zehn Geflüchtete aus Bad Vilbel und Karben haben ihre Ausbilder, Paten und Freunde eingeladen, um die Produkte eines einwöchigen Kreativworkshops vorzustellen.

Die jungen Männer sind alle Teilnehmer einer Berufsorientierungsmaßnahme, die das in Karben ansässige Berufsförderungswerk (bbw) Südhessen seit September in Zusammenarbeit mit der Flüchtlingshilfe Karben anbietet.

Stolz präsentieren die jungen Männer ihre Ergebnisse. Unter der Anleitung der pädagogischen Mitarbeiterin Jasmin Frank haben sie zwei Tage lang mehrere kürzere Texte geschrieben. Das sind kleine Gedichte von elf Wörtern, sogenannte Elfchen, oder Wortspiele mit den Anfangsbuchstaben ihrer Namen. Auch das Ergebnis einer Traumreise wurde schriftlich festgehalten oder die fantasievolle und oft lustige Beschreibung eines Lieblingstieres. Die Krönung sind kurze Geschichten, die Ihnen bei Betrachtung von berühmten Gemälden wie „Der arme Poet“ von Spitzweg oder der „Mona Lisa“ eingefallen sind und niedergeschrieben wurden.

In einem zweiten Schritt wurden die Ergebnisse dann in die schöne Form eines kleinen Buches gebracht. Die handschriftlichen Notizen wurden in den Computer eingegeben, was für einige allein schon eine große Herausforderung ist. Dann wurde passendes Papier und Umschlagkarton ausgewählt und eine Bindemethode ausgesucht. Letztendlich waren alle kleinen Bücher dann pünktlich zur Präsentation am Ende der Woche fertig.

Das Ergebnis kann sich sehen und auch hören lassen. Nach einer kleinen Begrüßung und Einführung durch Sayed Fawad Hakimzad, der schon sehr gut Deutsch spricht, liest jeder der Teilnehmer ein oder zwei seiner Lieblingstexte vor. Es entsteht ein bunter Reigen von kleinen literarischen Häppchen.

Die Zuschauer sind begeistert und die jungen Geflüchteten sichtlich stolz auf ihr Können, haben sie doch größtenteils erst ein A1-Sprachniveau.

Daher ist ein Deutschkurs mit Ziel B1-Abschluss auch fester Bestandteil des bbw-Projektes.  Nach dem Motto „Orientieren – Qualifizieren – Integrieren“ bietet das bbw mit diesem Berufsorientierungsprojekt zum zweiten Mal das Programm „Perspektiven für Flüchtlinge“ an, das bei den Geflüchteten sehr gut ankommt.

„Orientieren – Qualifizieren – Integrieren“ – kurz: OQI – dauert bis zu 18 Monate und gliedert sich in drei Phasen: Berufsorientierung, Werkstattphasen und Übergangsbegleitung in einen Betrieb. Da jeder Teilnehmer andere Voraussetzungen mitbringt, liegt ein Schwerpunkt auf der individuellen Begleitung. Diese ist durch das Ausbilderteam und engagierte Lehrer wie Mohamad Shekho (28) gewährleistet. Er ist selbst als syrischer Flüchtling vor gut zwei Jahren nach Deutschland gekommen und ist ein kleines Sprachwunder. Er beherrscht sechs Sprachen und weiß, wie er die jungen Männer am besten fördern kann und was sie am nötigsten brauchen. Da wird schon einmal spontan ein zusätzlicher Arbeitsraum für Hausaufgaben organisiert, weil die Geflüchteten in ihrer Unterkunft zu wenig Ruhe zum Arbeiten haben.

Zur Zeit finden neben dem Deutschunterricht begleitete Praktika in den bbw-Ausbildungsbereichen statt. Da bieten sich verschiedene Werkstätten für Holz, Metall, Maler, Raumausstatter, Hauswirtschaft und auch Gärtnerei an. Und dann geht es in Richtung Praktika in externe Unternehmen. Den Organisatoren ist wichtig, dass die jungen Leute, soweit möglich, schnellstmöglich in externe Praktika vermittelt werden können, um dann mit etwas Glück im Sommer eine Ausbildungsplatz zu bekommen.

Autorin: Susanne Ebner, Integrationspatin Georg-Muth-Haus und Vereinsmitglied

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