Leben im Lager: Eingezäunt und mit begrenzter Bewegungsfreiheit. Hier im bayerischen Schweinfurt. Foto: picture alliance /dpa | Karl-Josef Hildenbrand
Presseerklärung
- Juli 2021
AnkER-Zentren: Drei Jahre Isolation und Ausgrenzung von Asylsuchenden
Drei Jahre nach Öffnung der ersten AnkER-Zentren fällt die Bilanz düster aus. Das Konzept ist gescheitert, die Asylverfahren wurden nicht beschleunigt, die Menschen sind oft isoliert, entrechtet und ausgegrenzt. Ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis, darunter PRO ASYL, Diakonie Deutschland, Deutscher Caritasverband, Paritätischer Gesamtverband, AWO Bundesverband und Amnesty International, fordern die Schließung der Zentren und faire Asylverfahren.
PRO ASYL fordert zusammen mit rund 65 bundes- und landesweiten Wohlfahrtsverbänden, Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen, die AnkER-Zentren und vergleichbare Einrichtungen in Deutschland abzuschaffen, die Verweildauer der Geflüchteten in Erstaufnahmeeinrichtungen deutlich zu begrenzen und eine zukunftsweisende Erstaufnahme von Asylsuchenden in Deutschland zu organisieren. In einem am 29. Juli veröffentlichten Aufruf heißt es: „Wir fordern die Abschaffung von AnkER-Zentren und ähnlich konzipierten Einrichtungen sowie die gesetzliche Begrenzung der Zeit in einer Erstaufnahmeeinrichtung auf wenige Wochen, maximal drei Monate.“
Menschen in den Mittelpunkt stellen
Nötig für ein faires Asylverfahren sind „Erstaufnahmeeinrichtungen, die das Ankommen der Menschen in den Mittelpunkt stellen und sie bestmöglich auf das Asylverfahren und den Aufenthalt in Deutschland vorbereiten“, heißt es in dem gemeinsamen Aufruf „Isolation beenden – das Ankommen fördern – faire Asylverfahren sicherstellen. Aufruf für eine zukunftsorientierte Erstaufnahme von Asylsuchenden in Deutschland“ weiter, der von Diakonie Deutschland, Deutschem Caritasverband, Paritätischem Gesamtverband, Arbeiterwohlfahrt Bundesverband und PRO ASYL initiiert wurde.
Die ersten AnkER-Zentren (Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückkehr-Zentren) sowie vergleichbare Einrichtungen sind vor drei Jahren, am 1. August 2018, eröffnet worden.
Konzept gescheitert: Verfahren sind nicht substantiell schneller
„Das Konzept der AnkER-Zentren ist gescheitert“, ziehen die unterzeichnenden Organisationen im Aufruf Bilanz. So ist es nicht gelungen, die Asylverfahren substantiell zu beschleunigen – was für die Bundesregierung ein Ziel der Zentren war. Organisationen, die in der Flüchtlingshilfe tätig sind, hatten das Konzept von Anfang an kritisiert – und fühlen sich darin bestätigt, auch von einer Untersuchung des BAMF selbst (Evaluationsbericht des BAMF vom 24. Februar 2021): So dauert ein Asylverfahren in AnkER-Einrichtungen durchschnittlich 77 statt der sonst durchschnittlichen 82 Tagen, obwohl die Asylverfahren aus AnkER-Einrichtungen priorisiert werden.
„AnkER-Zentren führen vielfach zu Isolation, Entrechtung und Ausgrenzung“, kritisieren die Organisationen. Die Menschen verlieren dort wertvolle Zeit für die Integration, können kaum Kontakte nach außen haben, dürfen neun Monate lang nicht arbeiten, haben nur beschränkte Möglichkeiten, um sich zu bilden und werden durch die frühe Konfrontation mit der möglichen Rückkehr verunsichert. „Das Aufnahmeverfahren und die Bedingungen in den AnkER-Zentren verletzten damit die Würde und die Rechte der Menschen, insbesondere von Kindern und Jugendlichen und anderen besonders Schutzbedürftigen“, heißt es im Aufruf weiter. Weiterlesen ›